Selbstzufriedenheit – eine radikale Geste der Zuwendung
- ulrikecarstens
- 12. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Selbstzufriedenheit hat in unseren kapitalistisch geprägten Köpfen häufig keinen besonders guten Ruf. Sie klingt schnell nach Stillstand, nach „sich gehen lassen“, nach dem Verzicht auf Entwicklung. Doch in Wahrheit ist Selbstzufriedenheit alles andere als bequem – sie ist radikal. Sie bedeutet, sich selbst zugewandt zu sein, auch dort, wo wir uns vielleicht nicht mögen. Auch dort, wo wir uns klein fühlen. Oder ungenügend.
Die leise Rebellion gegen das ständige „Mehr“
Wir leben in einer Kultur, die uns permanent antreibt: Sei produktiver. Sei schöner. Sei erfolgreicher. Selbstfürsorge wird oft zur Pflichtübung, Selbstakzeptanz zum neuen Ideal – aber bitte in der „richtigen“ Form.
Doch echte Selbstzufriedenheit lässt sich nicht performen. Sie wächst dort, wo wir aufhören, uns verbessern zu müssen – und beginnen, uns zu sehen.
Die tiefere Qualität von Zufriedenheit
In meiner therapeutischen Arbeit ist „Zufriedenheit“ ein tiefes, körperliches Gefühl. Es entsteht nicht durch äußere Erfolge, sondern durch innere Verbindung. Wenn wir im Hier und Jetzt ankommen. Wenn der Körper ausatmen darf. Wenn kein innerer Antreiber mehr sagt: „Du musst…“
Zufriedenheit bedeutet nicht, dass alles perfekt ist. Sondern dass wir in Beziehung sind mit dem, was gerade ist – liebevoll, ehrlich, präsent.
Selbstzufriedenheit als somatische Erfahrung
In der Körperpsychotherapie erleben wir, wie sich Zufriedenheit körperlich anfühlt: ein Loslassen, ein Absinken, eine innere Weite. Es ist, als ob der Körper sagt: „Jetzt gerade ist es genug.“ Das sind oft berührende Momente – weil sie uns mit einer Dimension von uns selbst verbinden, die jenseits von Bewertung existiert.
Verbindung statt Optimierung
Zufriedenheit entsteht nicht aus Vergleich, sondern aus Kontakt. Sie ist keine Technik, sondern eine Haltung. Und sie ist nicht statisch – sie bewegt sich, atmet, wandelt sich.
In der NARM-Therapie schauen wir liebevoll auf die frühen Erfahrungen, die unsere Fähigkeit zur Selbstakzeptanz geprägt haben. Und wir erforschen, was heute möglich ist – an Verbindung, an Vertrauen, an Zufriedenheit.
Denn:Du musst nicht erst jemand anderes werden, um dich dir selbst zuzuwenden.
Titelbild von Aleah Chapin
Comments